Auch im Jahr 2023 sind die Preise für Baumaterialien erneut nach oben geschossen und belasten Neubauprojekte zusätzlich. Bedeutet das eine Aufwertung für Bestandsimmobilien?

Nach dem extremen Inflationsjahr 2022 steigen auch im Jahr 2023 erneut stark die Preise – vor allem im Bausektor:

Preise für Baumaterialien sind erneut explodiert

So haben die Preise für Baumaterialien in Deutschland sich im ersten Halbjahr teils massiv verteuert. Zement etwa kostete 41,7 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. Auch für andere mineralische Baustoffe wurde deutlich mehr verlangt, darunter für Kalk und gebrannter Gips (+39,7 Prozent), Dachziegel aus keramischen Stoffen (+28,7 Prozent), Frischbeton (+27,7 Prozent), Bausand (+22,7 Prozent) oder Mörtel (+18,6 Prozent).

Der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) warnt angesichts der Kostenexplosion vor einer Baukrise von historischem Ausmaß. "Es muss operiert werden, sonst ist der Patient Wohnungsbau tot", forderte BFW-Präsident Dirk Salewski. "Jetzt heißt es: runter mit allen vermeidbaren Kosten." Der Verband schlägt dazu beispielsweise eine Absenkung der Mehrwertsteuer für den Wohnungsbau, eine einheitliche Bauordnung in Deutschland und ein vereinfachtes Planungsrecht vor.

Preise sinken auch teilweise ab

Auch für sogenannte Baubedarfsartikel aus Kunststoff musste deutlich mehr bezahlt werden: Sanitärausstattungen wie Badewannen oder Waschbecken verteuerten sich in der ersten Jahreshälfte um 10,8 Prozent, Fenster- oder Türverkleidungen um 8,6 Prozent. Baumaterialien aus Metall, deren Herstellung wie die mineralischer Baustoffe vergleichsweise energieintensiv ist, verbilligten sich dagegen in den ersten sechs Monaten des Jahres um 4,6 Prozent. "Allerdings entwickelten sich die Preise hier uneinheitlich", fanden die Statistiker heraus. Betonstahl in Stäben etwa kostete 28,5 Prozent weniger als ein Jahr zuvor, während für Stahlrohre 6,3 Prozent mehr bezahlt werden musste.

Bitumen auf Erdölbasis - das unter anderem im Straßenbau und zur Abdichtung von Dächern, Gebäuden und Fundamenten verwendet wird - verbilligte sich um 13,0 Prozent. Preisrückgänge gab es auch bei Baumaterialien aus Holz: Konstruktionsvollholz (-28,0 Prozent) und Dachlatten (-25,3 Prozent) waren günstiger zu haben. Bauholz kostete 18,6 Prozent weniger.

Mehr Stornierungen im Bausektor

Gestiegene Materialkosten gelten neben der teurer gewordenen Finanzierung als Hauptgrund dafür, warum der Wohnungsbau unter einer Stornierungswelle und Auftragsmangel leidet. Im September waren 21,4 Prozent der Firmen von stornierten Projekten im Wohnungsbau betroffen - so viele wie noch nie seit Beginn der Umfrage 2012, wie das Ifo-Institut herausfand.

"Viele Projekte sind wegen der höheren Zinsen und gestiegenen Baukosten nicht mehr wirtschaftlich umsetzbar", erklärte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. Auch die Klagen über einen Auftragsmangel in der Branche werden immer lauter: Derzeit zeigen sich 46,6 Prozent der Firmen davon betroffen, nach 44,2 Prozent im August. Das ist der höchste Wert seit März 2009, als die globale Finanzkrise durchschlug.

Bedeutet das eine Aufwertung für Bestandsimmobilien?

Ob dies aber gleich eine Aufwertung für Bestandsimmobilien bedeutet ist fraglich, vor allem weil auch dieser Bereich von den hohen Zinsen stark belastet wird.

Allerdings dürfte primär die Mietsituation von den Entwicklungen im Bausektor drastisch betroffen sein. So ist davon auszugehen, dass sich die Lage am Mietmarkt aufgrund der weniger fertiggestellten Bauprojekte noch mehr verschärfen wird. Gewinner dürften dabei vor allem die Vermieter sein, die durch diesen Engpass steigende Einnahmen erzielen könnten.

Mit Material von Reuters

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