Nvidia gilt Anlegern als das Non-Plus-Ultra, wenn es um Künstliche Intelligenz geht. Das Unternehmen ist die klare Nummer Eins von leistungsstarken Halbleitern für rechenintensive KI-Anwendungen. Kein Wunder, dass der Titel sich seit Jahresanfang verdreifacht hat. Doch inzwischen dämpfen die hohe Bewertung, Konjunktursorgen und steigende Anleihe-Renditen die Euphorie. Zu allem Überfluss sorgte eine Razzia in Frankreich für Negativ-Schlagzeilen.

Zumindest die zuständige Wettbewerbsbehörde scheint den Verdacht zu haben, dass Nvidia mit unlauteren Mitteln nachgeholfen haben könnte. Vor wenigen Tagen wurden Räumlichkeiten des Grafikkartenherstellers in Frankreich durchsucht. Grund für die Razzia sei der Verdacht, dass Nvidia wettbewerbswidrige Praktiken anwende, hieß es im „Wall Street Journal.“

Stand der Ermittlungen unbekannt

Die Behörde sagte nicht, welche Praktiken sie untersuchte oder um welches Unternehmen es sich handelt, sondern nur, dass der „Grafikkartensektor“ im Fokus stehe. Die Razzia sei auf eine breitere Untersuchung des Cloud-Computing-Sektors gefolgt. Dabei geht es um Bedenken, dass große Cloud-Computing-Unternehmen ihren Zugang zu Rechenleistung nutzen könnten, um kleinere Wettbewerber auszubooten. Nvidia lehnte eine Stellungnahme ab. Weitere Erkenntnisse zu den Ergebnissen der Razzia gibt es bislang nicht.

Nvidia (WKN: 918422)

Rekord-Quartal

Der Chipkonzern Nvidia ist mit einem Marktanteil von rund 80 Prozent der größte Anbieter von Spezialchips für gehypte generative KI-Anwendungen wie ChatGPT. Die Markteinführung von ChatGPT Ende letzten Jahres hat wesentlich dazu beigetragen, dass Nvidia die Produkte zuletzt fast aus den Händen gerissen wurden: Bei der Vorlage der Zahlen zum zweiten Quartal Ende August berichtete das Management von einer Umsatzverdoppelung auf 13,5 Milliarden Dollar und einem Gewinnsprung von 656 Millionen auf knapp 6,2 Milliarden Dollar im Jahresvergleich. Für das bis Ende Oktober laufende dritte Geschäftsquartal stellte Nvidia einen weiteren Umsatzanstieg auf rund 16 Milliarden Dollar in Aussicht.

Halbleitermarkt schwächelt

Die Tatsache, dass Nvidias KI-Produkte heiß begehrt sind, kann indes nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Markt für Halbleiter insgesamt nicht mehr in Bestform ist. Nach der Chip-Knappheit während der Corona-Pandemie gab es plötzlich eine Schwemme bei Halbleitern für Nicht-KI-Anwendungen, etwa für Smartphones oder PCs. Denn die Nachfrage normalisierte sich just in dem Moment, als die Chip-Hersteller ihr Angebot ausgeweitet hatten.

Daten des Branchenverbands Semiconductor Industry Association zeigen, dass sich der weltweite Umsatz der Halbleiterindustrie im Juli 2023 auf insgesamt 43,2 Milliarden US-Dollar belief. Dies entspricht einem Anstieg von 2,3 Prozent im Vergleich zum Vormonat, aber einem Einbruch um 11,8 Prozent gegenüber dem Juli 2022. Auch TSMC, einer der wichtigsten Auftragsfertiger für Firmen wie Nvidia, macht sich Gerüchten zufolge Sorgen um die Nachfrage und soll angeblich seine wichtigsten Zulieferer angewiesen haben, die Lieferung von High-End-Chipfertigungsanlagen zu verzögern. 

Fazit

Inzwischen hat die Euphorie um die Nvidia-Aktie nachgelassen – nicht zuletzt wegen des Anstiegs der Renditen für Staatsanleihen, die als praktisch risikofrei gelten und risikoreiche Tech-Aktien weniger reizvoll machen. Auch charttechnisch hat sich das Bild etwas eingetrübt. Dennoch besteht einstweilen kein Grund, Nvidias KI-Dominanz anzuzweifeln.


Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Nvidia.